Die Bundesnetzagentur hat auf die Kritik vieler reagiert. Sie hat nun ihre Presseerklärung geändert und kommentiert dies wie folgt: »Uns hat zur ursprünglichen Version dieser Pressemitteilung berechtigte Kritik erreicht. Es waren illegale Inhalte, illegaler Hass und illegale Fake News gemeint. Wir haben den Text an dieser Stelle präzisiert und einen Satz ergänzt, der Missverständnisse ausräumen soll.«
Sind nun sämtliche Missverständnisse ausgeräumt?
Ursprünglich sagte der Präsident der Bundesnetzagentur Klaus Müller (Bündnis 90/Die Grünen): »Plattformen sind verpflichtet, auf Meldungen von Trusted Flaggern sofort zu reagieren. Illegale Inhalte, Hass und Fake News können sehr schnell und ohne bürokratische Hürde entfernt werden.« Kritisiert wurde hier insbesondere, dass nach diesem Verständnis auch erlaubte Inhalte entfernt werden könnten. Diese Kritik wurde nun als berechtigt bezeichnet. Als Reaktion darauf erfolgte eine Änderung von Klaus Müllers Zitat (!). Nun sagt Klaus Müller: »Plattformen sind verpflichtet, auf Meldungen von Trusted Flaggern sofort zu reagieren. Illegale Inhalte, illegaler Hass und illegale Fake News können sehr schnell und ohne bürokratische Hürde entfernt werden.«
Etwaige Missverständnisse rund um den Leitfaden der Bundesnetzagentur zur Zertifizierung als Trusted Flagger wurden hingegen nicht kommentiert. Aus diesem Leitfaden geht explizit hervor, dass es der Bundesnetzagentur ausdrücklich nicht nur um illegale Inhalte geht (s. dazu hier).
Auch heißt es auf der Internetseite der Meldestelle Respect! weiterhin: »Was uns verbindet ist der gemeinsame Einsatz für einen besseren Umgang miteinander im Internet sowie die Arbeit gegen Hetze, Verschwörungserzählungen und Fake News.« Hier wird weiterhin nicht unterschieden zwischen legalen und illegalen Inhalten. Was sollte auch eine illegale Verschwörungserzählung sein?
Und schließlich heißt es in der Presseerklärung der Bundesnetzagentur: »Der DSA verpflichtet digitale Dienste und Online-Plattformen zu mehr Sorgfalt und Transparenz und ermöglicht, einfacher gegen illegale Inhalte und Produkte, Hass und Hetze sowie Desinformationen vorzugehen.« Es wird also bei den Trusted Flaggern so getan, als ob es nur um die Entfernung illegaler Inhalte geht (inklusive illegaler Hass und illegale Fakes News), während aber der Digital Services Act generell so konzipiert ist, dass auch nicht illegale Inhalte entfernt werden sollen (s. dazu hier). Insofern erscheint die Änderung des Zitats Klaus Müllers in der Pressemitteilung wenig überzeugend, um die Kritik am Digital Services Act und dem Institut der Trusted Flagger zu entkräften. Auch der Staatsrechtler Prof. Dr. Josef Franz Lindner scheint nicht überzeugt zu sein. Er sieht angesichts des »Leitfadens« von Klaus Müller und der bisherigen Meldepraxis der Meldestelle Respect! eine konkrete Gefahr, dass rechtmäßige Inhalte gemeldet und gelöscht werden.
Fazit
Die geänderte Presseerklärung ist nicht geeignet, das berechtigte Misstrauen in den Digital Services Act und zu den Trusted Flaggern zu entkräften. Die Irritationen um das anscheinend problematische Verständnis der Bundesnetzagentur der Meinungsfreiheit bleiben weiter bestehen.
Meinungsfreiheit steht auf vielen Ebenen unter Beschuss: durch d. Exekutive (Müller, BNA), durch d. Regierung (Habeck), durch v. Staat ermächtigte NGOs („Respect“). Und durch die dadurch bewirkte Einschüchterung d. Bürger („chilling effect“). Man muss auf allen Ebenen dagegenhalten.
Professor für Öffentliches Recht, Medizinrecht und Rechtsphilosophie an der Universität Augsburg